Ein spagyrischer Waldspaziergang
„In dieser Ausgabe, werter Leser, möchte ich dich dazu inspirieren, selbst wieder einmal die kostbare und unverfälschte Atmosphäre des Waldes bewußt wahrzunehmen und dich auf vielfältige Weise von den unterschiedlichen Energien einzelner Bäume berühren und auf allen Seinsebenen heilsam einwirken zu lassen. Eine weitere Vertiefung dieses wundervollen und heilbringenden Effekts kannst du anschließend durch die spagyrischen Essenzen erfahren, die aus eben diesen wertvollen Hölzern gewonnen werden!“
Der Mensch als Teil des Waldes
Bäume sind lebendige Wesen mit einem eigenen Stoffwechsel, mit Geburt, Wachstum und Tod. Jeder Baum hat seine individuelle Schwingung und Ausstrahlung, Harmonie und Eigenart, jeder Wald seine unverwechselbare Atmosphäre. Im Wald finden wir Ruhe, können unsere leeren Energiedepots wieder auftanken, uns innerlich ausbalancieren und die Belastungen und Anforderungen unseres Alltags abstreifen wie ein abgetragenes Kleid. Je öfter wir uns im Wald aufhalten, desto mehr werden wir uns darüber bewußt, daß wir selbst Teil des Waldes, der Natur sind. Dieses in uns verankerte Wissen stammt noch von unseren Ahnen, die einen viel engeren Kontakt mit Natur und Wald hatten als wir das heute gewohnt sind. Die Bäume waren ihnen heilig, sie glaubten fest daran, daß Bäume von Baumgeistern, den sogenannten Dryaden (von dem griechischen Wort DRYS: Eiche, Baum), feinstofflichen Nymphen bewohnt und beseelt waren. Diese mußte man erst um Erlaubnis bitten, wenn man etwa die Absicht hatte, einen Baum zu fällen. Die heiligen Haine waren die Tempel der Germanen, die Verehrung des Göttlichen fand in der freien Natur statt. In der isländischen Sagenchronik Edda wurde die Weltenesche Yggdrasil als Achse und Stütze der damals bekannten Welt, als Mittler zwischen den Welten, kosmischer Baum und zugleich Spiegel des Universums verehrt.
Wichtige Bäume in der Spagyrik
Die Birke (lat: Betula alba)
Die Birke ist der erste Baum im keltischen Baumalphabet Ogham und heißt dort „Beith“. Sie steht für den Neubeginn und das Aufsteigen in eine höhere, transzendente Ebene. Mit ihrer Hilfe kann Unheil abgewendet werden. Zauberstäbe wurden bevorzugt aus ihrem Holz hergestellt. Ebenso ist sie auch Sinnbild für Jugend, Freude und Wiedergeburt. Ihre Baumenergie läßt sich als fürsorgend und helfend beschreiben und untersteht somit dem planetaren Venus-Prinzip. „Du brauchst dich, werter Leser, nur selbst mit dem Rücken an einen Birkenstamm lehnen, um diesen liebevollen, den ganzen Körper durchflutenden Heilstrom bewußt spüren und in dich aufnehmen zu können. Auch die herzförmige Gestalt ihrer Blätter signalisieren dir ihre wohltuenden Eigenschaften!“ Aufgrund ihrer reinigenden und belebenden Wirkung wird sie als spagyrische Essenz gerne eingesetzt zur Durchspülung von Blase, Harnwegen und Nieren, sie schwemmt den Restharn, oft Nährboden für eine chronische Harnwegsinfektion, aus der Blase heraus und wirkt antiseptisch und desinfizierend auf die Harnwege. Ihre entschlackende Wirkung hat sich bestens bewährt bei Frühjahrskuren und der zusätzlichen Behandlung von Gicht- und Rheumakranken.
Die Eibe (lat: Taxus baccata)
Sie ist unser ältester heimischer Nadelbaum. Die Germanen verehrten sie als „Seelenklärerin“ und fertigten aus ihrem Holz Amulette, die vor negativen und dämonischen Energien schützen sollten. Auch die Rune Eihwaz mit ihrer bogenförmigen Gestalt, die für abwehrende Kräfte steht, geht auf die Eibe zurück. Sie wird dem Gott Saturn zugeordnet, dem „Hüter der Schwelle“ vom Diesseits ins Jenseits und hat somit einen starken Bezug zur Veränderung, zur Transformation. Dies zeigt sich besonders an ihrer Gestalt, die typische Saturn-Merkmale aufweist: der dürre, ausgezehrte, hölzerne Stamm und das immergrüne Nadelkleid, ein Symbol für das Wiedererwachen und die Neugeburt der abgestorbenen Pflanze. Die Eibe enthält für den Menschen giftige Inhaltsstoffe, die durch den spagyrischen Herstellungsprozeß jedoch in heilende, ungiftige Wirkstoffe transformiert werden und sehr gut einsetzbar sind bei hartnäckigem Pilz- und Parasitenbefall und Vergiftungen des Nervensystems infolge der Einwirkung von Nerven- und Umweltgiften.
Die Eiche (lat: Quercus robur)
Sie ist ein Symbol für Stärke, Kraft, Standfestigkeit, Mut, Tapferkeit und Treue, ein Baum, der fest mit der deutschen Geschichte und Tradition verwurzelt ist. Einstmals dem germanischen Donnergott Thor oder Donar geweiht, wurden in Eichenhainen von unseren germanischen Vorfahren Thinge, politische Gerichts-, Volks- und Heeresversammlungen abgehalten. Hierbei saß der Anführer oder Stammesfürst unter den mächtigen Zweigen der ältesten Eiche, um die richtigen Eingebungen für die jeweils richtige Entscheidung, die er zu treffen hatte, empfangen zu können. Die Eiche untersteht dem Göttervater Jupiter, dem Garant für Reife, Erfahrung und Erkenntnis im Leben, der seine Samen und Früchte in Hülle und Fülle an Lebenskraft an alle Lebewesen verteilt. So hilft die spagyrische Essenz der Eiche bei Gemütszuständen, in denen sich der Mensch als ausdauernder, aber erschöpfter Kämpfer fühlt. Sie bringt ihn auf das rechte Maß zurück und inspiriert ihn dazu, Pausen einzulegen, seine Kräfte wieder aufzutanken – insbesondere nach längerer Krankheit. Wegen ihrer Gerbstoffe findet sie auch oft Verwendung bei Hautbeschwerden, Hals- und Zahnfleischentzündungen.
Die Linde (lat: Tilia europaea)
Als Baum der Liebe und des Friedens, worauf auch die herzförmigen Blätter hinweisen, trägt sie in erster Linie Venus-Eigenschaften, will heißen: das mütterliche, fürsorgende, lindernde Prinzip. So „lindert“ sie nicht nur Schmerzen auf körperlicher Ebene wie Entzündungen der Lungen und Atemwege, sondern auch auf seelischer Ebene, indem sie Geborgenheit und Trost schenkt. Ihre Jupiter-Eigenschaften kann man daran erkennen, daß sie als Dorflinde den Einwohnern Schutz und Zuflucht gewährte und als Gerichtslinde oft dazu beigetragen hat, die Wahrheit ans Licht zu bringen.
Die Gemeine Kiefer (lat: Pinus silvestris)
Sie ist das Symbol für die Verbindung zwischen Erde und Himmel. Ihre Bedeutung erschließt sich dem suchenden Menschen nur intuitiv. Dies erkennt man schon an ihrem Klang als erster Vokal im keltischen Baumalphabet, nämlich „Aihn“. Auch die Sage, daß der große Zauberer Merlin in der Kiefer von Barenton, in England, gewohnt hat und dort die höchste Weisheit und alle magischen Kräfte erlangte, ist ein deutliches Indiz hierfür. Als spagyrische Essenz mit Sonne-Eigenschaften verbreitet die Kiefer – oder Pinie in südlichen Ländern – Licht und Lebensfreude, befreit von Schuldgefühlen und stärkt das Selbstvertrauen. Auf der körperlichen Ebene findet sie wegen ihrer schleimlösenden und expektorierenden Wirkstoffe Anwendung bei Erkrankungen der Atemwege. „Darüberhinaus setze ich die Kiefer in der Spagyrik auch gerne bei Entzündungen oder Knochenschwund am menschlichen Kiefer mit großem Erfolg ein; auf dieses Einsatzgebiet deutet ja auch der Name Kiefer hin!“ weiß Michael Kittsteiner, unser Spagyrik-Experte aus Friedrichshafen zu berichten.
Literatur:
Elmar Woelm, Mythologie, Bedeutung und Wesen unserer Bäume, Edition Octopus 2006
Fotos: stock.adobe.com ©Ulia Koltyrina, ©tommitt, ©Benjamin, ©PhotoChur, ©Patrick, ©Zerbor
(erschienen in der SALVE Herbstausgabe 2020)